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Dioxine und Furane

Seit Mitte der 80er Jahre wurden Diskussionen über die Toxizität von Dioxinen und Furanen wegen den verbesserten analytischen Nachweismöglichkeiten geführt. Im Zuge von zahlreichen Untersuchungen zu Bildungsmechanismen und Herkunft von Dioxinen und Furanen (PCDD/F) wurden die Abfallverbrennung sowie die Sekundärmetallindustrie als Hauptquellen identifiziert.

 

Auf Grund der außerordentlich hohen Toxizität von PCDD/F beschloss der Bundesgesetzgeber relativ schnell drastische Maßnahmen zur deutlichen Verringerung der Emissionen an PCDD/F. Als Folge sanken binnen weniger Jahre die Gesamtemissionen an PCDD/F in Deutschland drastisch (siehe Tabelle 5).

 

Für die Abfallverbrennung wurde Anfang der 90er Jahre die 17. BImSchV mit einem PCDD/F-Grenzwert von 0,1 ng TE/Nm³ beschlossen, der ab Ende 1996 auch für Altanlagen galt.

 

Dieser Grenzwert konnte in Folge der Anpassungen der MVA besonders durch einzuhaltende Mindestverbrennungstemperaturen und Mindestverweilzeiten der Rauchgase, die sich daraus konsequenterweise ergebende Veränderung der Feuerungsführung sowie durch Abscheidung bzw. Zerstörung der PCDD/F in der Rauchgasreinigung nicht nur eingehalten, sondern im Mittel um den Faktor 30 deutlich unterschritten werden.

 

Bereits durch die Primärmaßnahme Mindestverbrennungstemperaturen und Mindestverweilzeiten der Rauchgase sowie optimierte „Feuerungsführung“ in Form einer effektiven Feuerungsleistungsregelung wurde der Ausbrand der Rauchgase deutlich verbessert. So konnte der Gehalt an höherkettigen Kohlenwasserstoffen und hier besonders der Präkursoren (Dioxinvorläufer) drastisch reduziert werden. Durch das Fehlen der Präkursoren konnte die Neubildung von Dioxinen beim Abkühlen der Rauchgase deutlich reduziert werden.

 

Dies in Verbindung mit einer wesentlich effektiveren Rauchgasreinigung mit Abscheidung der Restdioxingehalte an Aktivkohlen / Aktivkoks bzw. deren Zerstörung an Katalysatoren führte dazu, dass die durch die Abfallverbrennung verursachten Dioxinemissionen binnen 5 Jahren um den Faktor 1.000 zurückgingen.

 

Der Anteil der MVA an den PCDD/F-Emissionen in Deutschland sank von 33 % im Jahr 1990 auf unter 0,9 % im Jahr 2000 – und dies bei einem wesentlich geringeren Gesamtemissionsniveau.

 

In der nachfolgenden Tabelle sind die Dioxinemissionen von deutschen MVA zwischen 1990 und 2000 aufgeführt. Man erkennt deutlich den Rückgang der Emissionen sowie die deutliche Unterschreitung des Grenzwertes der 17.BImSchV von 0,1 ng TE/m³.

 

Tabelle 4:      Dioxin-Emissionen deutscher MVA seit 1980 [3], [43], [13]

 

Jahr

Anlage

Emissionen [ngTE/m³]

1980

geschätzt

10 bis 100

1990

gemessen

1 bis 10

1998

MVA Weisweiler

0,0012

MVR Hamburg

0,003

MVA Ruhleben

0,0035

 

Die Müllverbrennung ist heute unter den im Jahr 1990 identifizierten Hauptemittenten die mit Abstand unbedeutendste Dioxinquelle. Nachfolgende Tabelle und Abbildung zeigen dies im Überblick.

 

Tabelle 5:     Dioxin-Emissionsquellen in Deutschland, jährliche Emissionen an Dioxin in g TE [66]

 

Dioxinquelle

Emissionen pro Jahr in g TE/a

1990

1994

2000 (UBA)

Metallgewinnung und –Verarbeitung

740

220

40

Müllverbrennung

400

32

< 0,5

Kraftwerke

5

3

< 3

Industrielle Verbrennungsanlagen

20

15

< 10

Hausbrandfeuerstätten

20

15

< 10

Verkehr

10

4

<1

Krematorien

4

2

< 2

Gesamtemission Luft

1.200

330

<< 70

 

Bild 2: Dioxinemissionsquellen in Deutschland zwischen 1990 und 2000 (Rückgang um den Faktor > 17) mit Anteil der Müllverbrennung

Bild 2: Dioxinemissionsquellen in Deutschland zwischen 1990 und 2000 (Rückgang um den Faktor > 17) mit Anteil der Müllverbrennung

 

Neben den Dioxin- und Furan-(PCDD/F)-Emissionen ist auch die Belastung der Bevölkerung zurückgegangen.

 

Die Arbeitsgruppe Dioxin der Uni Bochum konnte bereits für Mitte der 90er Jahre zeigen, dass die PCDD/F-Hintergrundbelastung innerhalb Deutschlands stark rückläufig ist. Die PCDD/F-Konzentrationen im Milchfett sind von 32,5 TE pg/g Fett im Jahre 1987 auf 16,0 TE pg/g Fett im Jahre 1995 gesunken [21][57]. 2002 wurden mit Mittel sogar nur 12 TE pg/g Fett ermittelt. Angesichts der deutlich rückläufigen PCDD/F-Emissionen ist heute von noch geringeren Belastungen mit sinkender Tendenz auszugehen. Für die Rauchgasreinigungstechnik gilt weiterhin das Schadstoffminimierungsgebot.

 

Sind Rauchgastemperaturen von 1.100 °C über 2 sec. nach 17. BImSchV bei > 1 % Chlor im Abfall erforderlich?

 

Bei MVA oder EBS-Kraftwerken handelt es sich um Abfallbehandlungsanlagen, keine Sonderabfallbehandlungsanlagen. In der Abfallbehandlungsanlage werden überwachungsbedürftige Abfälle eingesetzt, keine besonders überwachungsbedürftigen Abfälle.

 

Für die Verbrennung von Abfällen wird in der BImSchV 17 § 4 Feuerung die Verbrennungsbedingungen geregelt:

 

„(2) Verbrennungsanlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass die Temperatur der Verbrennungsgase, die in Verbrennungsanlagen bei der Verbrennung von Abfällen oder Stoffen nach § 1 Abs. 1 entstehen, nach der letzten Verbrennungsluftzuführung mindestens 850 Grad C (Mindesttemperatur) beträgt. Bei der Verbrennung von besonders überwachungsbedürftigen Abfällen mit einem Halogengehalt aus halogenorganischen Stoffen von mehr als 1 vom Hundert des Gewichts, berechnet als Chlor, hat der Betreiber dafür zu sorgen, dass eine Mindesttemperatur von 1100 Grad C eingehalten wird.“

 

Die „mit“ Verknüpfung – besonders überwachungsbedürftige Abfälle mit 1 % chlororganischen Stoffen - ist hier wesentlich für das Verständnis des Gesetzestextes. Schon seit Jahren werden Müllverbrennungsanlagen mit mehr als 1 % chlororganischen Stoffen betrieben und genehmigt. Unbekannt ist heute leider, mit welchem Chlorgehalt MVA’s betrieben werden, da es in einer MVA kaum eine Inputüberwachung gibt.

 

Erhöhte Gehalte an karzinogenen und toxischen Schadstoffen wie Aromaten, speziell PCP und PCB, die ebenfalls zu den halogenorganischen Stoffen gehören, sind für nicht überwachungsbedürftige Abfälle ausgeschlossen, da es sich sonst um besonders überwachungsbedürftige Abfälle handeln würde, die jedoch entsprechend Positivkatalog bei MVA und EBS-Kraftwerken ausgeschlossen sind, soweit der Chlorgehalt 1 %, bezogen auf die Sonderabfälle, übersteigen würde.

 

Es ist von Seiten des Gesetzgebers nachzuvollziehen, bei besonders überwachungsbedürftigen Abfällen, die bereits einen Wert von 1 % an halogenorganischen Verbindungen aufweisen, nicht mehr zwischen PCP, PCB oder Dioxinen zu unterscheiden, sondern im Sinne der Vorsorge gleich eine höhere Verbrennungstemperatur zur sicheren Zerstörung der toxischen organischen Schadstoffe zu verlangen.

 

Verschiedene Studien belegen, dass PVC in der Müllverbrennung die Bildung von Dioxinen und Furanen nicht begünstigt, sondern sogar den Ausbrand von Feststoffen und Gasen positiv beeinflusst [64]. Die entscheidenden Faktoren bei der Entstehung von PCDD und PCDF sind vielmehr die Anlagenauslegung, die Verbrennungsbedingungen und das Abkühlverhalten der Rauchgase.

 

Weder das erhöhte Chlor-Angebot, noch größere Mengen eventuell als Pigmente vorliegender Kupfer-Verbindungen haben eine signifikante Auswirkung auf die Bildung chlorierter organischer Verbindungen. Insbesondere für PCDD und PCDF konnte selbst bei fünffach erhöhter Chlor-Fracht keine Erhöhung der Konzentrationen für PCDD und PCDF im Rauchgas ermittelt werden, so die zusammenfassende Bewertung vom Forschungszentrum Karlsruhe [54].

 

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